Ruhrvalley Start-up-Campus: Potenziale heben in einer sich wandelnden Region

Schon seit rund 20 Jahren kooperieren die Westfälische Hochschule Gelsenkirchen, die Hochschule Bochum und die Fachhochschule Dortmund bei ihrer Forschung. Die Zusammenarbeit wurde nach und nach ausgebaut – so entstanden unter anderem eine gemeinsame Master School, Talentförderung und Transferstrategie. Um der strategischen Partnerschaft eine verbindlichere Struktur zu geben, wurde 2019 der ruhrvalley Cluster e.V. gegründet. Dank EXIST-Mitteln kann nun ein Start-up-Campus aufgebaut werden.

Im Forschungs- und Innovationsverbund ruhrvalley entwickeln die drei Hochschulen gemeinsam mit rund 80 im Ruhrgebiet ansässigen Unternehmen vernetzte Mobilitäts- und Energiesysteme insbesondere für Metropolregionen. Ziel des Vereins ruhrvalley Cluster e.V. ist es, deren Arbeit zu unterstützen sowie den Wissenstransfer zu fördern. Nach der erfolgreichen Beteiligung an der EXIST-Ausschreibung im Bereich Potenziale heben wird seit 2020 ein ruhrvalley Start-up-Campus aufgebaut. "Wir möchten die Zahl der Ausgründungen aus der Wissenschaft erhöhen und eine attraktive Gründungskultur an den Hochschulen etablieren", so Cornelia Delbos, Projektkoordinatorin ruhrvalley Start-up-Campus. Hierzu wurde ein Modell entwickelt, dessen drei Stufen aufeinander aufbauen:

  1. Get inspired & motivated: Veranstaltungen sollen in lockerer Atmosphäre zum Unternehmertum motivieren. Innovative Ideen bekommen Raum. Es bilden sich interdisziplinäre Teams; bereits erfolgreiche Gründerinnen und Gründer aus dem Netzwerk stehen ihnen als Mentorinnen und Mentoren zur Seite.
  2. Scout & match: In dieser Phase geht es insbesondere um die Qualifizierung. Unternehmerische Fähig- und Fertigkeiten werden vermittelt, beispielsweise zum Thema Marketing, Vertrieb, Finanzierung oder Teambuilding.
  3. Start-up & boost: Im Acceleratorprogramm und in Workshops werden Geschäftsmodelle bis zur Ausgründung weiterentwickelt. Die Teams werden mit Investoren sowie Pilotanwenderinnen und -anwendern vernetzt.

Parallel kann man sich von Coaches beraten lassen, die selbst schon als Gründerinnen und Gründer aktiv waren. Sie stehen den Teams kompetent zur Seite.

"Die Initiative zum Start-up-Campus ging nicht zuletzt von den im ruhrvalley engagierten 27 Spin-offs der Hochschulen aus. Ihnen ist wichtig, Gründungswilligen Mut zu machen und zu zeigen, was alles geht: Traut euch, schaut her, es lohnt sich", versichert der Geschäftsführer des ruhrvalley Cluster e.V., Torben Lippmann.

Die Veranstaltungen werden derzeit digital angeboten – das war teilweise ohnehin geplant; die Coronapandemie hat die Umsetzung beschleunigt. Alle Formate werden gut angenommen. Derzeit läuft ein Ideenwettbewerb, Gründerstammtische fördern die Vernetzung, Maker Spaces bieten Raum zum Ausprobieren. Auch technische Anlagen und Labore der Hochschulen können genutzt werden.

 

​Zwei wichtige Faktoren und ein Beispiel für den Erfolg

Der Bezug zur Praxis ist an Fachhochschulen per se gegeben. "Trotzdem ist es wichtig, Gründungswillige früh mit Partnern aus der Wirtschaft zusammenzubringen, die beurteilen können, ob eine Idee praxistauglich ist", betont Lippmann. Zwei Beispiele, wie das gelingen kann: Studierende müssen im Laufe ihres Studiums eine Praxisphase durchlaufen – bisher konnten sie dabei ihre Gründungsidee nicht weiterverfolgen. Nun vermittelt ruhrvalley passende Partner. Und: Unternehmen geben Kundenanforderungen an Studierende weiter. So können sie am Aufbau eines Unternehmens mitarbeiten.

Weitere wichtige Erfolgsfaktoren sind Initiatoren, die für das Projekt brennen. Im ruhrvalley ist das insbesondere Bernd Kriegesmann. Der Präsident der Westfälischen Hochschule bringt seine Erfahrungen aus mehr als 30 Jahren Innovationsforschung und -management ein und verschafft den Beteiligten die für Innovationen notwendigen Freiräume.

Ein besonders anschauliches Beispiel für ein ruhrvalley-Projekt mit Erfolgsperspektive ist das Start-up fair be. Das Gründerteam entwickelte im Forschungsprojekt RS1 Mobil ein elektrisches Fahrradauto, das in Zusammenarbeit mit der Diakonie von Menschen mit Behinderung gefertigt werden soll. Es ist so konstruiert, dass es auch von ihnen genutzt werden kann. Das Fahrzeug eignet sich für den Transport von Personen und Waren. Das Gründungsprojekt wird inzwischen durch das Land Nordrhein-Westfalen gefördert.

Wir profitieren davon, dass alle drei Hochschulen eine ähnliche technische Ausrichtung haben – aber unterschiedliche Besonderheiten: In Dortmund sind dies zum Beispiel die Sozialwissenschaften und Design, in Bochum die Nachhaltigkeitswissenschaften und in Gelsenkirchen die Bionik sowie Journalismus und PR.
Foto: Ruhrvalley Cluster e.V./Michael Völkel

Torben Lippmann

Geschäftsführer des Ruhrvalley Cluster e.V.