Gründungssensibilisierung und Gründungsqualifizierung an Hochschulen

Die Sensibilisierung von Hochschulangehörigen wie Studierenden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern für das Thema Gründen ist ein weiterer Erfolgsfaktor für eine erfolgreiche Gründungsförderung an Hochschulen. Ausreichende personelle Ressourcen sind hierfür ausschlaggebend.

Gleiches gilt für die Qualifizierung dieser Zielgruppen, damit die berufliche Zukunft als Gründerin beziehungsweise Gründer oder Mitglied eines Gründungsteams auch gelingt. Dazu gehören curriculare und außercurriculare Veranstaltungen zum Thema Gründen sowie die damit verbundene Kommunikation dieser Angebote auch im Sinne des Studierendenmarketings und die direkte Ansprache der Zielgruppen.

Die Leistungen der Hochschulen zur Gründungssensibilisierung und -qualifizierung werden im Folgenden aufgezeigt. Beide Bausteine werden in der Auswertung gemeinsam betrachtet, da viele Maßnahmen ineinander übergreifen.
 

Entrepreneurship- und Gründungsforschung
An knapp 70 Prozent der teilnehmenden Hochschulen mit Gründungsförderung gibt es mindestens einen Lehrstuhl, welcher in der Denomination die Gründungsthematik und/oder unternehmerisches Denken und Handeln enthält. Zusammengenommen werden 393 derartige Lehrstühle von den Hochschulen berichtet. An den Hochschulen mit Promotionsrecht bringen zudem 822 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Thema in Forschung und Lehre voran.
 

Veranstaltungen zur Gründungssensibilisierung und -qualifizierung
Für das Studienjahr 2021 melden die 192 antwortenden Hochschulen die Durchführung von 12.135 gründungsrelevanten Veranstaltungen, wobei etwa jede fünfte Veranstaltung überwiegend auf Englisch stattfindet. Die angegebene Zahl teilt sich in 5.178 curriculare Veranstaltungen mit im Schnitt 4,5 ECTS-Punkten und 6.952 außercurriculare Veranstaltungen mit einer durchschnittlichen Dauer von 5,8 Stunden. Fünf Veranstaltungen wurden nicht näher bestimmt. Insgesamt wurden im Rahmen der Veranstaltungen über 300.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erreicht.

Zum Vergleich: Im Gründungsradar 2020 meldeten die Hochschulen 7.489 gründungsrelevante Veranstaltungen, 3.602 curriculare Veranstaltungen mit durchschnittlich 4,4 ECTS-Punkten und 3.874 außercurriculare Veranstaltungen mit einer durchschnittlichen Dauer von 7,4 Stunden bei insgesamt mehr als 200.000 erreichten Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Das Thema hat somit in den Vorlesungs- und Veranstaltungsverzeichnissen stark an Bedeutung gewonnen.

Mehr als 300.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden in 12.135 gründungsrelevanten Veranstaltungen erreicht.

 

Lehrinhalte, Lehrmethoden und Lehrformate sowie eingesetztes Personal im Rahmen von gründungsrelevanten Veranstaltungen
Auch in dieser Befragung geben Hochschulen an, vielfältige Lehrinhalte zum Thema Gründungen anzubieten: Fast alle der antwortenden Hochschulen (N=195, Mehrfachnennungen möglich) geben an, dass sie Einführungen in Entrepreneurship (rund 97 Prozent) und gründungsrelevante betriebswirtschaftliche Kenntnisse, Businessplan sowie Ideenentwicklung und Design Sprints (alle knapp 96 Prozent) vermitteln. Weitere rund 94 Prozent bieten Lehrinhalte zu Gründungsfinanzierung, 91 Prozent zu Entrepreneurial Mindset und jeweils knapp 89 Prozent zu rechtlichen und steuerlichen Aspekten, aber auch Soft Skills. Knapp 83 Prozent bieten Prototyping-Inhalte, knapp 80 Prozent Inhalte zu Sustainable und/oder Social Entrepreneurship und knapp 76 Prozent Inhalte zu Intrapreneurship, das heißt zu unternehmerischem Denken und Handeln in Anstellung. Weiterhin geben die Hochschulen insbesondere Lehrinhalte zu Female Entrepreneurship, Patent- und Schutzrechten sowie Lean Startup an.

Eine große Vielfalt gibt es auch bei den genutzten Lehrmethoden (N=195, Mehrfachnennungen möglich): Nahezu alle der antwortenden 195 Hochschulen nutzen Vorträge beziehungsweise Präsentationen und rund 92 Prozent schriftliche Ausarbeitungen in Form von Hausarbeiten oder Businessplänen. Auch Methoden zu nutzerzentrierten Lösungen sind sehr beliebt: Rund 95 Prozent nutzen das Business Model Canvas beziehungsweise rund 79 Prozent das Value Proposition Canvas, rund 90 Prozent Design-Thinking-Methoden, rund 78 Prozent Prototyping und die Erstellung von Minimum Viable Products (MVP) und noch rund 73 Prozent die Customer Journey. Auch praxisorientierte Case Studies und Simulationen waren mit rund 76 Prozent dabei sowie Plan- und Rollenspiele mit knapp 73 Prozent. Effectuation- Methoden nutzen immerhin noch 41 Prozent.

Stifterverband 2022

 
Bei den Lehrformaten greifen die Hochschulen wie gehabt auf vielfältige Ausgestaltungen der Veranstaltungen zurück: Seminare, Gastvorträge und Vorlesungen sind bewährte Formate, die die überwiegende Mehrheit der antwortenden Hochschulen (N=195, Mehrfachnennungen möglich) nennt. Networking-Veranstaltungen und Pitches haben seit der letzten Befragung mit jeweils rund 88 Prozent ein wenig aufgeholt. Besonders nutzerzentrierte Formate (rund 85 Prozent), E-Learning und Flipped Classroom (knapp 65 Prozent), Summer Schools (54 Prozent), Open Innovation
Sprints (rund 54 Prozent) und Service Learning (rund 31 Prozent) sind seit der letzten Befragung in der Beliebtheitsskala um jeweils rund 10 Prozentpunkte oder mehr gestiegen. Als weitere genutzte Lehrformate geben die Hochschulen Hackathons, Ideenwettbewerbe und sogar Online-Exkursionen ins Silicon Valley an.

Auch die Einbindung von externen Referentinnen und Referenten bleibt vielfältig (Mehrfachnennungen möglich): Nahezu alle der 195 antwortenden Hochschulen binden Gründerinnen und Gründer ein, knapp 88 Prozent Coaches, rund 87 Prozent die Industrie- und Handelskammern und Wirtschaftsförderung sowie rund 67 Prozent Industrie- und Wirtschaftsverbände. Hier ist bei allen Zahlen eine deutliche Steigerung im Vergleich zum Gründungsradar 2020 zu sehen, insbesondere bei der Einbindung von Business Angels und Venture-Capital-Vertreterinnen beziehungsweise -Vertretern mit 79 Prozent (Gründungsradar 2020: knapp 68 Prozent) und Juristinnen und Juristen mit rund 77 Prozent (Gründungsradar 2020: rund 67 Prozent). Auch Alumni sowie Expertinnen und Experten zu IP- und Patent-Themen sind im Rahmen von Veranstaltungen zur Gründungsqualifizierung beliebte Gäste.
 

Promovierende
In der Gründungsförderung stehen Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler besonders im Fokus, denn ihre Ideen und Erfahrungen bringen einen Mehrwert in die Erarbeitung von Gründungsvorhaben und Gründungen. Bei der Frage nach diesen Unterstützungsstrukturen bejahten rund 78 Prozent der 87 antwortenden Hochschulen mit Promotionsrecht, dass sie diese Zielgruppe  im Rahmen der Unterstützungsstrukturen für Promovierende, beispielsweise in Veranstaltungen, zu den Themen Entrepreneurship und Gründungen informieren. Zum Vergleich: Im Gründungsradar 2020 bejahten dies 70 Prozent der 86 antwortenden Hochschulen mit Promotionsrecht.
 

Teach-the-teacher-Programme
Bei den Teach-the-teacher-Programmen gibt es einen Trend nach oben: Insgesamt bietet rund die Hälfte der 195 antwortenden Hochschulen eben solche Programme an, davon kauft wiederum rund die Hälfte diese extern ein. Im Gründungsradar 2020 waren es nur 43 Prozent der Hochschulen (N=183), die solche Angebote machten.
 

Kommunikation
Die Bekanntmachung von Unterstützungsangeboten im Gründungsprozess ist neben dem Angebot von entsprechenden Veranstaltungen und damit verbundenen personellen Ressourcen die Basis für eine erfolgreiche Gründungssensibilisierung und -qualifizierung an Hochschulen: Nahezu alle Hochschulen (N=195) gaben an, dass sie ihre Angebote und Veranstaltungen zur Gründungsförderung auf ihrer Homepage kommunizieren. Neun von zehn Hochschulen informieren über ihre Social-Media-Kanäle zum Thema sowie über Printmedien wie Flyer. Knapp 73 Prozent der Hochschulen arbeiten mit Werbevideos.

Nahezu alle Hochschulen nutzen Onlinekanäle zur Kommunikation der Unterstützungsangebote in der Gründungsförderung.

 

Auch die aktive Vorstellung von Unterstützungsangeboten in der Gründungsförderung für neue Hochschulmitglieder ist Teil einer erfolgreichen Kommunikation (Mehrfachnennungen möglich): So geben 85 Prozent der Hochschulen (N=195) an, dass sie Einführungsveranstaltungen für Studierende, beispielsweise in der Orientierungswoche, dazu nutzen, um über Unterstützungsangebote zu informieren. Weitere knapp 66 Prozent informieren zum Studien- und/oder Arbeitsstart in Broschüren beziehungsweise Leitfäden, rund 48 Prozent auf Neuberufenen-Veranstaltungen und knapp 47 Prozent während des Onboardings beziehungsweise der Einführungsphase für neues wissenschaftliches Personal. Daneben werden unter anderem vermehrt Podcasts, Informationsstände auf dem Campus und Social-Media-Kanäle genutzt. Im Vergleich zum Gründungsradar 2020 gibt es in allen Kategorien deutliche Steigerungen, die Hochschulen nehmen die Bedeutung von bereitgestellten Informationen also ernst. Nur knapp sechs Prozent der antwortenden Hochschulen informieren neue Hochschulmitglieder nicht über ihre Angebote in der Gründungsförderung, bei der Befragung 2020 waren dies mit rund 15 Prozent (N=183) noch fast 10 Prozentpunkte mehr.

Die Website der Institution ist immer eine der ersten Anlaufstellen, wenn sich neue Hochschulmitglieder wie neu berufene Professorinnen und Professoren, aber auch Studierende informieren möchten. Deshalb sollte dort die Gründungsförderung schnell auffindbar und gut sichtbar platziert sein. Eine ergänzende Recherche des Stifterverbandes ergab, dass bei zwei Drittel der antwortenden Hochschulen das Gründungsförderungsangebot mit bis zu zwei Klicks von der Hauptseite gut auffindbar ist, bei 20 Prozent sind es mehr als zwei Klicks und bei lediglich rund 13 Prozent sind noch mehr Klicks/Mouseovers nötig beziehungsweise keine entsprechenden Seiten zugänglich.